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Schneebedeckte Straßen sind seltener geworden, doch in alpinen Höhenlagen und entlegenen Gebieten kann es weiterhin vorkommen, dass Transport- und Betriebsfahrzeuge auf einer geschlossenen Schneedecke bewegt werden müssen. In diesem Fall sorgen Schneeketten für zuverlässige Haftung und Manövrierfähigkeit, sodass sich wetterbedingte Unfälle, Lieferverzögerungen und Standzeiten verhindern lassen.
Sind Sie für einen Fuhrpark verantwortlich oder gehören zum Fahrpersonal, sollten Sie prüfen, dass Ihre Fahrzeuge die passenden Schneeketten mitführen, die wichtigsten Rechtsvorschriften kennen und wissen, wie sich Schneeketten richtig anlegen lassen. In diesem Ratgeber finden Sie alle Informationen, die Sie dafür brauchen.
Was sind Schneeketten und warum sind sie wichtig?
Schneeketten sind Fahrhilfen, die bei Bedarf auf die Reifen eines Fahrzeugs aufgezogen werden, damit es sicher auf verschneiten, matschigen oder rutschigen Untergründen fahren kann. Sie bestehen aus mehreren miteinander verbundenen Kettengliedern und -strängen, die den Reifen netzförmig umschließen und ihm dadurch ein stärkeres Profil verleihen. Auf diese Weise wird die Traktion bzw. der Grip des Reifens erhöht und die Rutschgefahr beim Anfahren und Abbremsen, in Kurven und an steilen Hängen eingedämmt. Außerdem verhindern Schneeketten das Durchdrehen der Reifen, sodass weniger Gefahr besteht, dass sich ein Fahrzeug im tiefen Schnee festfährt und stecken bleibt.
Besonders wichtig sind Schneeketten für Transport- und Betriebsfahrzeuge, die aufgrund ihrer Größe und ihres Gewichts auf rutschigen Fahrbahnen ohnehin schwerer zu kontrollieren sind. Die Montage von Schneeketten ermöglicht ihnen auch bei starkem Schneefall und Eisglätte sicher und unfallfrei zu fahren, z.B.:
- an steilen Ansteigen und Abhängen
- auf kurvenreichen Strecken
- auf matschigen, vereisten Fahrbahnen
- im Neuschnee oder auf einer festgefahrenen Schneedecke
- auf unebenem Baustellengrund
- auf Forstwegen oder unbefestigtem Gelände
Damit ermöglichen Schneeketten Logistik-, Bau-, Land- und Forstwirtschaftsunternehmen, ihre Arbeit auch bei schwierigen Wetterbedingungen sicher und zuverlässig zu erledigen. Aber auch Kleintransporter und Pkw sollten Schneeketten dabeihaben, wenn sie in Höhenregionen mit hoher Schneefallwahrscheinlichkeit unterwegs sind, da sie sonst bei starken Schneefällen unter Umständen nicht weiterfahren dürfen.
Schneeketten richtig anlegen: Schritt-für-Schritt-Anleitung
Schneeketten gibt es in verschiedenen Ausführungen und Materialien. Diese Anleitung bezieht sich auf das weit verbreitete Standardmodell und zeigt Schritt für Schritt, wie Sie Schneeketten mit Seilring anlegen.
- Übung einplanen
Nach dem Kauf der passenden Schneeketten üben Sie das Anlegen am besten an einem Tag mit gutem Wetter und ausreichend Zeit. Wenn Sie die einzelnen Schritte einmal durchgeführt haben, wird es ihnen auch bei Kälte und schwierigen Wetterbedingungen schneller gelingen.
Schauen Sie sich bei der Gelegenheit die Schneekette in Ruhe an, um die verschiedenen Bestandteile kennenzulernen:
• Seilring (auch Stahlring oder Stahlseil genannt): Seil aus robustem Stahl (meist mit einer Gummi-Ummantelung), das bei der Montage an der Innenseite des Reifens zum Ring ver-schlossen wird
• Kettenelemente: miteinander verbundene Kettenglieder aus Spezialstahl, die den Reifen nach der Montage netzförmig umschließen
• Spannkette: lange Kette, mit der die Schneekette am Schluss gespannt und gesichert wird - Vorbereitung
Prüfen Sie die Schneeketten vor dem Aufziehen auf mögliche Schäden. Falls Sie kleine Fehlstellen entdecken, lassen Sie die Ketten zunächst reparieren, um spätere Schäden am Fahrzeug zu vermeiden. Legen Sie sich außerdem Warnweste, Handschuhe, eine wasserfeste Arbeitsunterlage und eine Taschen- oder Stirnlampe ins Auto, um auch bei starkem Schneefall und nachts gut arbeiten zu können.
Sind die Schneeketten unversehrt, kann es losgehen. Ziehen Sie die Feststellbremse an, um zu verhindern, dass das Fahrzeug während der Montage rollt. - Stahlseil zurechtlegen und zum Ring verschließen
Breiten Sie die Schneekette in einem Halbkreis vor dem Rad aus und achten Sie darauf, dass die einzelnen Teile nicht verhakt oder verknotet sind. Führen Sie nun das Stahlseil am Boden hinter den Reifen, verschließen beide Enden oben am Reifen und legen den dadurch entstandenen Ring hinter den Reifen zurück.
- Kettenelemente verbinden
Ziehen Sie die einzelnen Kettenelemente vor den Reifen und richten sie auf der oberen Hälfte des Reifens möglichst gleichmäßig aus. Nun können Sie die Schneekette vorne verschließen, indem Sie den Haken in die entsprechende Halterung einklicken. Richten Sie die Schneekette anschließend erneut mittig aus, falls nötig.
- Schneekette spannen
Nehmen Sie die Spannkette im unteren Bereich des Reifens und ziehen sie straff, damit die Schneekette am Reifen anliegt. Haken Sie den freien Befestigungshaken eines Kettenglieds in das entsprechende Kettenelement der Spannkette ein.
- Spannkette sichern
Führen Sie das Ende der Spannkette zur dafür vorgesehenen Öse auf der gegenüberliegenden Seite und haken es dort fest.
- Am zweiten Rad die Schneekette anbringen
Wiederholen Sie diese Schritte am zweiten Rad (unter Umständen an allen vier Rädern), bevor Sie das Fahrzeug bewegen.
- Sitz der Schneeketten erneut prüfen
Nach der Montage der Schneeketten fahren Sie zunächst eine kurze Strecke (50 bis 100 m reichen aus) und prüfen anschließend zwingend, ob die Schneeketten weiterhin fest und in der richtigen Position am Reifen sitzen. Sind die Ketten zu lose, müssen sie nachgespannt werden, weil sie sonst Schäden an Karosserie und Reifen verursachen können.
- Verkehrsregeln für Schneeketten beachten
Vergessen Sie nicht, dass in Deutschland eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h für die Fahrt mit Schneeketten gilt. In anderen Ländern können die Regelungen abweichen, deshalb erkundigen Sie sich vor Fahrten ins Ausland frühzeitig nach den örtlichen Bestimmungen.
Textile Schneeketten vs. Schneeketten aus Metall
Als Material für Schneeketten wird meistens Metall, insbesondere gehärteter Stahl, eingesetzt. Metallketten sind äußerst robust, verschleißarm und bieten eine zuverlässige Haftung auf Neuschnee, festgefahrenem Schnee und vereisten Flächen. Deshalb sind Schneeketten aus Metall, weiterhin der Standard, auch wenn es inzwischen Kettensysteme aus Kunststoff oder Textil gibt. Diese sind einfacher zu montieren und deutlich leichter, kommen jedoch an die Traktion der Metallketten nicht heran. Sie werden eher als Anfahrhilfe genutzt und sind in einigen europäischen Ländern nicht für den Straßenverkehr zugelassen.
Eigenschaften | Metallketten | Textilketten |
---|---|---|
Vorteile | • robust • widerstandsfähig • hohe Traktion | • leicht • kompakt • einfache Montage |
Nachteile | • lautere Fahrgeräusche • größerer Montageaufwand | • geringere Traktion auf Neuschnee und Eis |
Einsatzbereiche | • universell • Bau- und Nutzfahrzeuge • Fernverkehr und Logistik | • Pkw und Kleintransporter • Anfahrhilfe für feststeckende Autos |
Welche rechtlichen Vorschriften gelten zur Verwendung von Schneeketten?
In Deutschland gibt es keine allgemeine Schneekettenpflicht. In den meisten Regionen sind die Straßen auch bei Schnee- und Eisglätte mit Winterreifen passierbar – vorausgesetzt die fahrzeugführenden Personen sind vorsichtig unterwegs, halten sich an Geschwindigkeitsbegrenzungen und natürlich die allgemeinen Verkehrsregeln.
Anders sieht es hingegen in Gebirgsregionen und auf sehr steilen oder kurvigen Streckenabschnitten aus. Hier kann bei winterlichen Wetterbedingungen eine temporäre Schneekettenpflicht verhängt werden. Diese erkennen Sie an einem blauen runden Verkehrszeichen, auf dem ein weißer Reifen mit Schneekette zu sehen ist (Zeichen 268). In diesem Fall müssen Sie erst Schneeketten aufziehen, bevor Sie den Streckenabschnitt befahren dürfen, auch wenn die Straße (scheinbar) frei ist.
Außerdem ist die Fahrgeschwindigkeit auf maximal 50 km/h begrenzt. Aufgehoben wird die Schneekettenpflicht ebenfalls mit diesem Verkehrszeichen, das dann rot durchgestrichen ist. Auch daran sollten Sie sich halten, da die Schneeketten sonst Ihre Autoreifen und den Straßenbelag beschädigen können.
Solange es nicht durch weitere Verkehrsschilder eingeschränkt wird, gilt das Schneekettenzeichen ausnahmslos für alle mehrspurigen Fahrzeugarten, ob Front-, Heck- oder Allradantrieb. Bei Allradantrieb sind Schneeketten jedoch nicht zwingend auf allen vier Rädern erforderlich: Hier sind sie auf zwei (wahlweise Vorder- oder Hinterachse) ausreichend. Dennoch bieten Schneeketten auf allen vier Rädern den besten Grip. Halten Sie sich nicht daran, droht ihnen neben einem Bußgeld auch die Verweigerung von Versicherungszahlungen im Schadensfall. Überschreiten Sie die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h, kann das abhängig von der gefahrenen Geschwindigkeit mit hohen Bußgeldern, Punkten im Fahreignungsregister und sogar Fahrverbot bestraft werden.
Strafen bei Verstößen gegen die Schneekettenpflicht
Das Schneekettenzeichen gilt zwar für alle Fahrzeuge, die sich im Straßenverkehr bewegen, jedoch werden Vergehen unterschiedlich stark bestraft. In der Tabelle sehen Sie, dass Lkw mit höheren Geldstrafen und strengeren Maßnahmen belegt werden als einfache Pkw. Die strengsten Regelungen gelten für Gefahrgut- und Personentransporte.
Vergehen | Strafe |
---|---|
Fahren ohne Schneeketten bei Schneekettenpflicht | 20 Euro |
Nutzung ungeeigneter Schneeketten | 10 Euro |
Fahren mit Schneeketten ohne Notwendigkeit | 25 Euro |
Geschwindigkeitsüberschreitung von bis zu 10 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften* | 30 Euro (Lkw), 20 Euro (andere Kfz), 60 Euro (gefährliche Güter)* |
Geschwindigkeitsüberschreitung von bis zu 10 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften* | 40 Euro (Lkw), 30 Euro (andere Kfz), 70 Euro (gefährliche Güter)* |
* Die Strafen sind nach tatsächlicher Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung (nach Toleranzabzug) gestaffelt. Dementsprechend können die Bußgelder auf mehrere Hundert Euro ansteigen und um weitere Maßnahmen wie Punkte im Fahreignungsregister und Fahrverbote von bis zu drei Monaten ergänzt werden. Eine konkrete Übersicht finden Sie im Bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog des Kraftfahrt-Bundesamtes unter den Tatbestandsnummern 103214 sowie 103785 bis 103852.
Hinweis: Schneeketten sind kein Ersatz für Winterreifen. Falls Sie auf Ihren Sommerreifen Schneeketten montieren, müssen Sie also trotzdem mit den Konsequenzen für einen Verstoß gegen die Winterreifenpflicht rechnen.
Einsatz von Schneeketten auf Betriebsgeländen
Auch auf Betriebsgeländen und unbefestigten Baustellen kann die Montage von Schneeketten an Bau- und Nutzfahrzeugen wie geländegängigen Gabelstaplern, Schaufelbaggern, Transportern etc. sinnvoll sein. Eine Pflicht dazu besteht allerdings nur, wenn es von der Betriebs- oder Baustellenleitung oder anderen vorgesetzten Personen angeordnet wird. Für einen umfassenden Versicherungsschutz im Schadensfall kann es jedoch immer sinnvoll sein, Schneeketten auch auf dem Betriebsgelände zu nutzen.
Rechtliche Grundlage dafür ist die Verkehrssicherungspflicht, nach der Gefahrenquellen beseitigt werden müssen, um Personen- und Sachschäden zu vermeiden. Wird diese vernachlässigt, können Geschädigte Schadenersatzforderungen stellen. In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, Nutzfahrzeuge mit Schneeketten auszustatten, z. B. um die Standsicherheit von Gabelstaplern zu verbessern oder das Befahren von Feld- und Forstwegen zu erleichtern.
Wie lange dürfen Schneeketten verwendet werden?
Generell sollten Schneeketten nur verwendet werden, wenn die Pflicht dazu besteht (entweder durch Verkehrszeichen oder Betriebsanweisung) oder die Wetterverhältnisse es erforderlich machen. Befinden sich auf einer verschneiten Strecke Fahrabschnitte ohne Schnee und Eis, müssen Sie die Kette jedoch nicht sofort demontieren. Sie können übergangsweise (z. B. in Tunneln) auch mit Schneeketten weiterfahren, allerdings höchstens drei Kilometer, da sonst Schäden an den Reifen drohen.
Vergessen Sie nicht, die Ketten nach der Benutzung gründlich zu reinigen und an einem trockenen Ort zu verstauen und Metallketten hin und wieder zu ölen. Damit vermeiden Sie Abnutzungserscheinungen, verlängern die Lebensdauer und können die Schneeketten über viele Jahre benutzen.
FAQ zum Anlegen von Schneeketten
Die Schneeketten müssen nach dem Anlegen eng am Reifen sitzen und dürfen sich bei der Fahrt nicht bewegen. Prüfen Sie deshalb unbedingt, ob Sie die passenden Schneeketten für Ihre Winterreifen haben. Nur so lassen sich Schäden an Karosserie und Reifen verhindern.
Schneeketten sollten nach der Benutzung so schnell wie möglich von Schmutz- und Salzrückständen befreit und gründlich mit klarem Wasser abgespült werden. Abhängig vom Modell kann auch das Ölen der Ketten sinnvoll sein. Achten Sie darauf, dass die Schneeketten völlig trocken sind, bevor Sie sie in die Verpackung zurücklegen und verstauen. So lassen sich Verschleiß- und Korrosionsschäden langfristig vermeiden.
Entfernen Sie die Schneekette sofort vom Rad, um Schäden am Fahrzeug zu vermeiden. Bringen Sie die gerissene Schneekette zum Hersteller oder einem Fachbetrieb, um sie sachgemäß reparieren zu lassen.
Schneeketten werden immer auf der Antriebsachse angebracht; bei Frontantrieb also auf der vorderen, bei Heckantrieb auf der hinteren Achse. Wollen Sie auf einem allradbetriebenen Lkw Schneeketten anlegen, können Sie sich zwischen Vorder- und Hinterachse entscheiden. Im Zweifelsfall bieten Schneeketten auf allen vier Räder die beste Haftung.
Nein, das ist nicht zwingend notwendig, aber unter Umständen sinnvoll. Großen Transport- und Nutzfahrzeugen bieten Schneeketten auf allen vier Rädern den zuverlässigsten Grip auf Schnee und Eis.
Auch auf einem Reifen mit Alufelge lässt sich eine Schneekette anbringen. Achten Sie allerdings darauf, dass die Kette so sitzt, dass die Felgen nicht beschädigt werden. Einige Modelle haben auch spezielle Textilüberzüge, um Alufelgen vor Kratzern und Schlägen durch die Schneekette zu schützen.
Bitte beachten Sie: Die hier erwähnten Vorschriften sind nur eine Auswahl der wichtigsten gesetzlichen Vorgaben. Detaillierte Informationen lesen Sie dazu in den aufgeführten und ggf. weiteren Vorschriftensammlungen und Gesetzestexten nach. Bei der konkreten Umsetzung im Betrieb können und sollten im Zweifel außerdem Sachverständige hinzugezogen werden.
Bildquellen:
© gettyimages.de – Yuliya Taba