Generic selectors
Exact matches only
Search in title
Search in content
Post Type Selectors
post
Lesezeit: 6 Minuten

Die Gefahrgutklasse verrät auf einen Blick, welches Risiko beim Transport eines bestimmten Stoffes besteht. Klassifizierung und Kennzeichnung sind in verschiedenen Abkommen und Gesetzen geregelt, um einen internationalen Standard zu schaffen. In diesem Ratgeber finden Sie neben der ausführlichen Beschreibung aller Gefahrgutklassen eine Übersicht über die Vorschriften zur Gestaltung und Anbringung von Gefahrgutkennzeichen.

Was ist Gefahrgut und warum ist die Kennzeichnung so wichtig?

Als Gefahrgut werden alle Stoffe, Flüssigkeiten und Gegenstände bezeichnet, bei deren Transport ein erhöhtes Risiko für die Gesundheit von Menschen und Tieren, die Umwelt oder die öffentliche Sicherheit besteht. Im Unterschied zum Gefahrstoff sowie zu den Ex-Zonen besteht dieses Risiko ausschließlich bei oder aufgrund der Beförderung. Das schließt aber nicht aus, dass ein Gefahrgut auch gleichzeitig ein Gefahrstoff sein kann.

Im Umgang mit Gefahrgut ist es wichtig, dass alle Beteiligten sofort erkennen, welche Art von Gefahr überhaupt davon ausgeht und wie hoch sie ist. Aus diesem Grund ist nicht nur der Transport in speziellen  Gefahrgutbehältern wichtig – die Zuordnung einer Gefahrgutklasse und die vorschriftsmäßige Kennzeichnung bei allen gefährlichen Transportgütern ist Pflicht: Sie verdeutlicht, welche Sicherheitsmaßnahmen für den Transport und die Handhabung der Güter nötig sind. Im Ernstfall hilft sie den Rettungskräften bei einem Unfall die notwendigen Schritte einzuleiten, um die Gefahr für Menschen und Umwelt weitestgehend einzuschränken.

Gefahrgutklassen in der Übersicht

Die Einteilung der Gefahrgutklassen beruht auf den UN-Empfehlungen zum Transport gefährlicher Güter („UN Recommendations on the Transport of Dangerous Goods“). Dort werden anhand spezifischer Merkmale neun Klassen mit mehreren Unterklassen festgelegt.

Die Gefährlichkeitsmerkmale entscheiden darüber, welche Beförderungsbedingungen gelten, wenn Sie ein bestimmtes Gefahrgut transportieren. Einen ersten Überblick über die verschiedenen Gefahrgutklassen gibt die Tabelle:

GefahrgutklasseUnterklasseBeschreibung
Gefahrgutklasse 1 – explosive Stoffe• massenexplosionsfähige Stoffe (Explosion würde die gesamte Ladung erfassen.)
• Gefahr der Bildung von Splittern, Spreng- und Wurfstücken
• 1.3. Feuergefahr und hohe Strahlungswärme
• 1.4.gering explosionsfähige Stoffe
• 1.5 sehr unempfindliche massenexplosionsfähige Stoffe
• 1.6 extrem unempfindliche nicht massenexplosionsfähige Stoffe
Für den Transport explosiver Stoffe ist wichtig, ob und wie verschiedene Stoffe miteinander reagieren. Deshalb müssen Sie zusätzlich die Verträglichkeitsgruppe eines Stoffes ermitteln und mit dem entsprechenden Großbuchstaben (A bis L, N oder S) kennzeichnen. Zum Beispiel dürfen Stoffe der Gruppen C, D und E zusammen verpackt und transportiert werden.  
Gefahrgutklasse 2 – Gase und gasförmige Stoffe• 2.1. entzündbare Gase
• 2.2 nicht entzündbare Gase
• 2.3 giftige Gase
Gase in jeglicher Form, ob komprimiert, verflüssigt oder gelöst; zum Beispiel: Wasserstoff, Propangas, Lachgas oder Haarspray.
Zusätzlich wird der Gefahrengrad mit einem Großbuchstaben gekennzeichnet:

• A – erstickend
• – brandfördernd
• F – entzündlich
• T – giftig
• C – ätzend
Gefahrgutklasse 3 – entzündbare flüssige Stoffe Flüssige oder geschmolzene Stoffe, die entflammen, wenn eine bestimmte Temperatur oder ein bestimmter Druck erreicht wird; zum Beispiel Alkohol oder Benzin.
Diese Gefahrgüter werden nach ihrem Flammpunkt und eventuellen zusätzlichen Gefahren (giftig, explosiv) klassifiziert. Dabei gelten die gleichen Buchstabencodes wie für Klasse 2.

Zum Beispiel:

• F1 – Flammpunkt von maximal 60°C
• F2 – Flammpunkt höher als 60 °C
• FTC – entzündbare flüssige Stoffe, ätzend
Gefahrgutklasse 4 – entzündbare feste Stoffe• 4.1 selbstzersetzliche und desensibilisierte explosive Stoffe
• 4.2 selbstentzündliche Stoffe
• 4.3 Stoffe, die in Berührung mit Wasser entzündliche Gase bilden
Stoffe, die sich durch Funkenflug oder Reibung entzünden können; z. B. Schwefel, Streichhölzer.
• Stoffe, die sich beim Kontakt mit Luft nach kurzer Zeit entzünden oder sich beständig erwärmen und nach längerer Zeit (Stunden bis Tage) entzünden; z. B. Firnis, weißer Phosphor.
• Stoffe, deren Gase beim Kontakt mit Luft ein entzündbares oder explosionsfähiges Gemisch bilden.
Gefahrgutklasse 5 – entzündend wirkende Stoffe• 5.1 entzündend (oxidierend) wirkende Stoffe

• 5.2 organische Peroxide
• Stoffe, die einen Brand verursachen oder fördern können, selbst aber nicht unbedingt brennbar sind; z. B. Wasserstoffperoxid, Natriumchlorid.
Alle organischen Peroxide, die
• mehr als 1 % Aktivsauerstoff und mehr als 1 % Wasserstoffperoxid enthalten
oder
• mehr als 0,5 % Aktivsauerstoff und 7 % Wasserstoffperoxid enthalten
Gefahrgutklasse 6 – giftige Stoffe• 6.1 giftige Stoffe
• 6.2 ansteckungsgefährliche Stoffe
• Stoffe, die beim Einatmen, Einnehmen oder Hautkontakt der Gesundheit schaden oder sogar zum Tod führen; z. B. Arsen, Pestizide, Blausäure.
• Stoffe, die Krankheitserreger enthalten oder bei denen der Verdacht darauf besteht; z. B. Laborproben, Abfälle aus Kliniken und Medizinpraxen.
Gefahrgutklasse 7 – radioaktive Stoffe Stoffe, die selbst radioaktiv sind oder radioaktive Bestandteile enthalten; z. B. Uran, Plutonium, bestimmte physikalische und medizinische Instrumente.
Gefahrgutklasse 8 – ätzende Stoffe Stoffe, die bei direktem Kontakt eine Schädigung der Haut bzw. Schleimhäute oder Materialschäden an anderen Transportgütern verursachen.
Gefahrgutklasse 9 – verschiedene gefährliche Stoffe und Gegenstände Sämtliche Transportgüter, von denen eine Gefahr ausgeht, die nicht einer der vorangegangenen Klassen zugeordnet werden kann.
Gefahrgutklasse 9A – Lithium-Ionen-BatterienSämtliche Stoffe und Materialien, deren Gefahrenpotenzial nicht unter die Klassen 1-8 sowie nicht unter die Sondervorschrift SV 188 fällt.

Gesetzliche Vorschriften zur Kennzeichnung von Gefahrgutklassen

Verschiedene internationale und nationale Gesetze regeln die Gefahrgutkennzeichnung. So stellt die UN-Klassifizierung die Grundlage für internationale Abkommen zum Gefahrgutrecht dar, die wiederum in länderspezifisches Recht übertragen werden. In Deutschland gelten:

  • ADR (Europäisches Übereinkommen über internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße)
  • RID (Regelung zur internationalen Beförderung gefährlicher Güter im Schienenverkehr)
  • ADN (Europäisches Übereinkommen über internationale Beförderung gefährlicher Güter auf Binnenwasserstraßen)
  • sowie in Deutschland das Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBefG) und die Gefahrgutverordnungen für Straße/Eisenbahn/Binnenschiff (GGVSEB) und Seeschiff (GGVSee)
  • IMDG-Code für internationale Seeversendungen von Gefahrgut
  • IATA / ICAO für internationale Luftversendung von Gefahrgut

Die Gesetzestexte enthalten neben einer Übersicht der Gefahrgutklassen ausführliche Informationen über die Bedingungen, unter denen Sie das jeweilige Gefahrgut transportieren dürfen. Dazu zählen sowohl Vorschriften zur Verpackung, Verladung und Beförderung als auch zur Ausbildung und Schulung aller Personen, die daran beteiligt sind.

Für Gefahrgut besteht eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht. Falls Sie diese nicht oder nur unzureichend erfüllen, drohen Strafen und hohe Bußgelder. Die Kennzeichnung von Gefahrgut muss auf Verpackung und Transportfahrzeugen erfolgen. Dazu sind ein Gefahrzettel und eine Gefahrentafel nötig.

Gefahrgutklassen richtig kennzeichnen

Zunächst weisen Sie jedem Gefahrgut nach der Übersicht der UN eine Gefahrgutklasse zu. Damit die Eigenschaften des Transportguts unabhängig von der Landessprache international verständlich sind, werden sie dann mithilfe von Piktogrammen und Nummern dargestellt.

  • Gefahrgutkennzeichen:  Gefahrgutkennzeichen werden nach ADR und GGVS klassifiziert. Diese schreiben eine gut sichtbare und eindeutige Kennzeichnung gefährlicher Güter am LKW und an den Behältern der Gefahrgüter vor. Dabei werden unter anderem die Gefahrgutklassen angegeben.
  • Die Gefahrnummer oder Kemler-Zahl ist eine zwei- oder dreistellige Ziffernfolge, die die konkreten Gefährlichkeitsmerkmale anzeigt. Die Doppelung einer Zahl steht für eine erhöhte Gefahr; ein vorangestelltes X bedeutet, dass der Stoff auf gefährliche Weise mit Wasser reagiert.
  • Die UN-Nummer oder Stoffnummer ist eine vierstellige Ziffernfolge, die von einem UN-Komitee für jeden Stoff individuell festgelegt wurde. Die konkreten Ziffernfolgen für sämtliche Stoffe aller Gefahrgutklassen sind als Liste in den gesetzlichen Regelwerken zum Gefahrguttransport enthalten.

Gefahrzettel

Der Gefahrzettel ist ein auf der Spitze stehendes Quadrat. In der oberen Hälfte befinden sich das Gefahrensymbol und die Gefahrenklasse, in der unteren Hälfte die UN-Nummer des Gefahrguts. Außerdem muss der Zettel eine bestimmte Farbe haben, die ebenfalls von der jeweiligen Gefahrgutklasse abhängt.

Gefahrzettel haben eine Abmessung von 10 x 10 cm und werden auf den Verpackungseinheiten (Fässer, Kisten) oder auf dem Gefahrgut selbst angebracht.

Großzettel

Großzettel (auch Placards genannt) unterscheiden sich vom Gefahrenzettel lediglich in ihren Abmessungen (mindestens 25 x 25 cm). Sie werden eingesetzt, wenn das Fahrzeug selbst die „Verpackungseinheit“ darstellt, zum Beispiel bei Aufsetztanks, Containern oder Tanklastern, oder wenn verschiedene Gefahrgüter zusammen transportiert werden.

Für eine vorschriftsgemäße Kennzeichnung müssen Sie die Großzettel sowohl an der Rückseite als auch an den Längsseiten des Containers oder Tanks anbringen.

Gefahrentafel

Für die Kennzeichnung des Fahrzeugs ist außerdem eine Warntafel nötig, die an der Rückseite des Lkws oder Aufsatztanks angebracht wird. Sie hat eine Abmessung von 30 x 40 cm und ist orangefarben.

Normalerweise ist die Gefahrentafel zweigeteilt und zeigt im oberen Teil die Gefahrnummer und im unteren Teil die UN-Nummer. Enthält ein Transport verschiedene Gefahrgüter, bleibt die Tafel jedoch leer. Dadurch informiert sie, dass gefährliche Güter transportiert werden und nähere Informationen auf verschiedenen Gefahr- und Großzetteln zu finden sind.

FAQ zu Gefahrgutklassen

Was gilt als Gefahrgut?

Als Gefahrgut werden alle Stoffe, Flüssigkeiten und Gegenstände bezeichnet, bei deren Transport ein erhöhtes Risiko für die Gesundheit von Menschen und Tieren, die Umwelt oder die öffentliche Sicherheit besteht. Im Unterschied zum Gefahrstoff besteht dieses Risiko ausschließlich bei oder aufgrund der Beförderung. Das schließt aber nicht aus, dass ein Gefahrgut auch gleichzeitig ein Gefahrstoff sein kann.

Wie viele Gefahrgutklassen gibt es?

Die Einteilung der Gefahrgutklassen beruht auf den UN-Empfehlungen zum Transport gefährlicher Güter („UN Recommendations on the Transport of Dangerous Goods“). Dort werden anhand spezifischer Merkmale neun Gefahrgutklassen mit mehreren Unterklassen festgelegt.

Welche Gefahrgutklassen gibt es?

·        Gefahrgutklasse 1 – Explosive Stoffe
·        Gefahrgutklasse 2 – Gase und gasförmige Stoffe
·        Gefahrgutklasse 3 – Entzündbare flüssige Stoffe
·        Gefahrgutklasse 4 – Entzündbare feste Stoffe
·        Gefahrgutklasse 5 – Entzündend wirkende Stoffe
·        Gefahrgutklasse 6 – Giftige Stoffe
·        Gefahrgutklasse 7 – Radioaktive Stoffe
·        Gefahrgutklasse 8 – Ätzende Stoffe
·        Gefahrgutklasse 9 – Verschiedene gefährliche Stoffe und Gegenstände
·        Gefahrgutklasse 9A – Lithium-Ionen-Batterien

Was ist die UN-Nummer?

Die UN-Nummer oder Stoffnummer ist eine vierstellige Ziffernfolge, die von einem UN-Komitee für jeden Stoff individuell festgelegt wurde. Die konkreten Ziffernfolgen für sämtliche Stoffe aller Gefahrgutklassen sind als Liste in den gesetzlichen Regelwerken zum Gefahrguttransport (ADR, Gefahrstoffverordnung) enthalten.

Bildquellen:
© gettyimages.de –
Miguel Perfectti