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Angesichts von Erderwärmung und Klimakrise ist es wichtiger denn je, die Auswirkungen von Baumaßnahmen auf Ökosysteme und die Umwelt so gering wie möglich zu halten. Eine zentrale Bedeutung hat hierbei die Verwendung von ressourcenschonenden, nachwachsenden Materialien. Im folgenden Ratgeber erhalten Sie einen Überblick über nachhaltige Baustoffe, erfahren, worauf Sie bei der Materialauswahl achten sollten und erfahren Grundlegendes über das ökologische Bauen.
Welche Voraussetzungen müssen Baumaterialien erfüllen, um als nachhaltig zu gelten?
Als nachhaltige Baustoffe werden umweltfreundliche Alternativen zu konventionellen Baustoffen bezeichnet. Umweltfreundlich heißt: Im Optimalfall stammen die Materialien aus der Region, zeichnen sich durch eine lange Haltbarkeit aus und können bei einem späteren Rückbau des Gebäudes als Baustoffe wiederverwendet werden. Sie werden ohne großen Energieaufwand hergestellt und verbessern somit die CO2-Bilanz. Die Eigenschaften im Überblick:
- Nachhaltige Baustoffe wachsen schneller nach als sie verbraucht werden, dadurch schonen sie die natürlichen Ressourcen.
- Sie benötigen wenig Energie in der Herstellung.
- Sie werden ohne Chemikalien und Gefahrstoffen produziert und sind somit nicht gesundheitsschädlich.
- Sie stellen keine Gefährdung für die Umwelt dar.
- Sie sorgen für ein besonders angenehmes Wohnklima.
- Sie sind recycelbar.
- Sie haben eine lange Lebensdauer.
- Sie sind energieeffizient, dadurch Kosteneinsparung z. B. bei Heiz- und Stromkosten.
- Es erfolgt ein materialgerechter, reduzierter Einsatz im Bauwerk.
Um eine Aussage über die Nachhaltigkeit verschiedener Baumaterialien zu treffen, wurden Umweltproduktdeklarationen (englisch: Environmental Product Declaration, EPD) entwickelt. Diese basieren auf den Din Normen ISO 14025 und EN 15804 und enthalten ökobilanzbasierte Informationen über die Auswirkungen des jeweiligen Materials, beispielsweise hinsichtlich des Treibhauseffekts.
Welche nachhaltigen Baustoffe eignen sich zum Bauen?
Folgende Alternativen zu konventionellen Baustoffen können Sie für Ihr Bauvorhaben verwenden:
1. Holz
Einer der ältesten Baustoffe überhaupt erfüllt alle Kriterien, um als nachhaltig zu gelten. Voraussetzung ist, dass Holz als Baustoff umweltschonend angebaut und produziert wird.
2. Natürliche Dämmstoffe
Die Liste möglicher natürlicher Dämmstoffe ist lang und umfasst beispielsweise tierische Materialien oder solche aus der Nahrungsmittelproduktion:
• Zellulose
• Hanf
• Flachs
• Schafwolle
• Popcorn
• Jute
• Holzwolle
3. Farben und Lacke
Fassadenfarbe, Innenraumfarbe und sogar Lacke können nachhaltig sein, zum Beispiel wenn sie vegan und ohne den Zusatz von Lösemitteln produziert werden.
- Naturstein
- Kork
- Holz
- Lehm
4. Materialien für den Fußboden
Auch als Fußbodenbelag können Sie verschiedene natürliche Materialien einsetzen, z. B.: Für Kalk, Sandstein, Kies und Co gilt ebenfalls: Sie können als nachhaltige Baustoffe bezeichnet werden – vorausgesetzt, sie werden unter umweltfreundlichen Bedingungen gewonnen, transportiert und verarbeitet.
5. Mineralische Baustoffe
Für Kalk, Sandstein, Kies und Co gilt ebenfalls: Sie können als nachhaltige Baustoffe bezeichnet werden – vorausgesetzt, sie werden unter umweltfreundlichen Bedingungen gewonnen, transportiert und verarbeitet.
Achten Sie bei der Auswahl des Materials darauf, recyclingfähige Baustoffe zu verwenden. Diese sollten leicht austauschbar und einfach voneinander zu trennen sein. Vermeiden Sie Verbundkonstruktionen: So können Sie Materialien mit unterschiedlich langen Lebenszyklen separat austauschen und vermeiden einen unnötige hohen Materialverbrauch sowie die damit einhergehenden Kosten. Zudem sollten Sie regional produzierte Baumaterialien wählen, denn durch kurze Transportwege reduzieren Sie die CO2 Belastung.
Überblick über die gängigsten nachhaltigen Baustoffe
Der Lebenszyklus eines Materials, seine Fähigkeit zur Wärmeisolierung und der für die Herstellung erforderliche Energieaufwand sind wichtige Faktoren für die Auswahl natürlicher Baustoffe. Auch die Länge der Transportwege spielt eine Rolle, und ob die Materialien wiederverwendet werden können. Recyclingbeton beispielsweise entsteht durch die Wiederverwendung von herkömmlichem Beton, der normalerweise nicht als nachhaltig bezeichnet werden kann – in seiner recycelten Form allerdings schon. Die Tabelle zeigt einen Überblick über die Nachhaltigkeit häufig verwendeter Baumaterialien.
Rohstoff | Energieaufwand Herstellung | Lebensdauer | Wärmeisolierung | Nachhaltig? |
---|---|---|---|---|
Massivholz | gering | mittel-hoch | gut | ja |
Ziegel | hoch | hoch | gut | ja |
Kalksandstein | mittel | mittel | gering | ja |
Beton | hoch | mittel | gering | teilweise |
Porenbeton | hoch | hoch | gut | teilweise |
Kosten für nachhaltige Baustoffe
Es herrscht die Meinung, nachhaltige Baustoffe seien im Vergleich teurer als konventionelle Materialien. Der Anschaffungspreis ist tatsächlich zumeist höher als der von konventionellen Baumaterialien. Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit und sollte differenziert betrachtet werden.
Der Einkaufswert vieler nachhaltiger Baumaterialien ist durchschnittlich etwa 2 % bis 10 % höher als der von herkömmlichen Materialien, bewegt sich allerdings in manchen Bereichen auf einem ähnlichen Niveau. Davon ausgenommen sind absolute Billigangebote, bei denen Sie qualitativ niedrige Produkte zum Dumpingpreis erhalten.
Ökologische Baustoffe sind zwar etwas teuer in der Anschaffung. Das relativiert sich allerdings durch ihre Wiederverwertbarkeit, ihre lange Lebensdauer, die Einsparung von CO2 und ihre Energieeffizienz. Auch können Sie gesundheitliche Risiken durch die Verwendung nachhaltiger Baustoffe minimieren und sparen dadurch Kosten für die Behandlung von Allergien, Erkrankungen oder Unverträglichkeiten, die konventionelle Baustoffe auslösen können. Die gute Ökobilanz nachhaltiger Baustoffe ist in Zeiten des Klimawandels unbezahlbar, sie gleicht den etwas höheren Anschaffungspreis wieder aus.
Mehr als das Material: Nachhaltiges Bauen hat viele Aspekte
Im Bauwesen zielt Nachhaltigkeit in erster Linie darauf ab, die Umwelt und natürliche Ressourcen zu schützen. Hierbei wird nicht nur die Bauphase, sondern der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes betrachtet. Es bringt schließlich wenig, wenn ein Gebäude zwar vollständig aus nachwachsenden und abbaubaren Rohstoffen besteht, aber nur einige Jahre genutzt werden kann oder eine ungenügende Energiebilanz aufweist. Zudem bezieht sich Nachhaltigkeit beim Bauen nicht nur auf ökologische, sondern auch auf ökonomische und soziokulturelle Aspekte. Diese Aspekte stehen gleichberechtigt nebeneinander. Das heißt, dass sie idealerweise zu gleichen Anteilen in die Planung und Umsetzung von Neubau- und Sanierungsprojekten einfließen sollten:
Dimension nachhaltigen Bauens | Ziele | Umsetzung |
---|---|---|
Ökologische Dimension | • Umwelt- und Artenschutz • minimale Auswirkungen auf das Ökosystem | • verantwortungsvoller Einsatz nachwachsender Rohstoffe und natürlicher Ressourcen • Nutzung von recyclebaren oder rückstandslos abbaubaren Rohstoffen |
Ökonomische Dimension | • Reduzierung der Betriebskosten • Verbesserung der Wirtschaftlichkeit | • langlebige Baustoffe und Technologien • energieeffiziente Heizung und Warmwasserversorgung • Passivbauweise, Effizienz- und Plusenergiebauweise • energieeffiziente Isolierung (Wärmedämmung und Hitzeschild durch Dach- und Fassadenbegrünung) • Regenwassermanagement (als Nutzwasser) • natürliche Luftströme im Gebäude, die Klimaanlage ersetzen |
Soziokulturelle Dimension | • Förderung von Lebensqualität sowohl im Gebäude als auch in Innenstädten und Ballungsgebieten | • sichere, funktionelle und gesundheitsfördernde Gestaltung („Grüne Architektur“) • Begrünung an Fassaden und auf Dächern für klimaneutrales Wohnen und Luftverbesserung in Innenstädten |
FAQ zu nachhaltigen Baustoffen
Beispiele für umweltfreundliche Baumaterialien sind Holz, Kalk, Sandstein, Kies, Lehm, Sand, Ton, Kork, Schafwolle, Hanf, Flachs, Stroh.
Umweltfreundliche Baumaterialien sollten durch ein Zertifikat gekennzeichnet sein. Folgende Auszeichnungen weisen nach, dass das Material nachhaltig ist: FSC-Siegel für nachhaltige Forstwirtschaft, EU Ecolabel, Der Blaue Engel, Cradle to Cradle oder Natureplus sind mögliche Zertifikate. Achten Sie zusätzlich darauf, dass der Baustoff aus der Region stammt.
Konventionelle Baustoffe wie Beton, Stahl und Kunststoff machen nach wie vor den größten Anteil an zum Bau verwendeten Materialien aus. Und das, obwohl sie in der Herstellung und Entsorgung einen weitaus größeren CO2 -Ausstoß als ökologische Materialien verursachen. Zudem sind konventionelle Baumaterialien häufig gesundheitsschädlich: FCKW, Asbest, Phthalate oder Biozide verursachen nachweislich Schäden an Organismen, der Atmosphäre und belasten das Trinkwasser.
Nachhaltiges Bauen berücksichtigt ökologische, ökonomische und soziokulturelle Aspekte über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes. Dafür wird auf nachwachsende und wiederverwendbare Rohstoffe, energieeffiziente Anlagentechnik und „Grüne Architektur“ gesetzt. Alle Aspekte fließen von Beginn an in die Planung ein und beeinflussen Materialauswahl, Bauweise und Gestaltung des Bauvorhabens.
Der sparsame und verantwortungsvolle Umgang mit natürlichen Ressourcen und die Reduzierung des Energieverbrauchs kommen der Umwelt zugute. Gleichzeitig lassen sich die Folge- und Betriebskosten (für Heizung, Kühlung, Strom und Warmwasser) deutlich reduzieren und die Wohn- und Lebensqualität in Städten auf lange Sicht verbessern.
Der Begriff graue Energie beschreibt die Gesamtmenge an Energie, die für den Lebenszyklus eines Gebäudes benötigt wird: Für die Herstellung und den Transport von Materialien, für den Bau und die Nutzung des Gebäudes, den Energieverbrauch sowie für Sanierung, Abriss und Recycling der Materialien.
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